Endometriose
Eine häufige, aber unterschätzte Krankheit

Definition Endometriose
Endometriose ist eine Erkrankung, bei der sich Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) auch außerhalb der Gebärmutter ansiedelt. Diese gutartigen Gewebewucherungen, sogenannte Endometrioseherde, können sich an verschiedenen Stellen im Körper, am häufigsten in der Bauchhöhle, auf den Eierstöcken, Eileitern, der Blase oder dem Darm, befinden. Seltener sind sie in weiter entfernten Körperregionen wie z. B. im Magen, in der Leber oder in der Lunge aktiv. Diese Herde können u. a. chronische Entzündungen und chronische Unterleibschmerzen hervorrufen.
Da dieses Gewebe hormonell gesteuert wird, reagiert es ähnlich wie die normale Gebärmutterschleimhaut. Das heißt, dass während des Monatszyklus einer Frau die Endometrioseherde durch Hormone stimuliert werden, sodass diese Wucherungen wachsen und sich weiter ausbreiten können. Wird die Endometriose nicht behandelt, nimmt sie einen fortschreitenden Verlauf an.
Zu den häufigsten Beschwerden gehören:
- Starke Menstruationsschmerzen: Frauen mit Endometriose leiden oft unter besonders starken, krampfartigen Schmerzen während der Periode.
- Chronische Unterbauchschmerzen: Schmerzen können auch unabhängig von der Periode auftreten.
- Schmerzen beim Geschlechtsverkehr: Die Endometriose hat negative Auswirkungen auf die weibliche Sexualfunktion, was wiederum das psychische Wohlbefinden und die Lebensqualität stark beeinträchtigen kann.
- Schmerzen beim Wasserlassen oder Stuhlgang: Dies kann darauf hindeuten, dass sich Endometrioseherde im Bereich von Blase oder Darm angesiedelt haben.
- _Ungewollte Kinderlosigkeit: _Endometriose kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigen und eine Schwangerschaft erschweren. Eine mögliche Ursache sind Verwachsungen durch Endometrioseherde.
- Müdigkeit und starke Erschöpfung (Fatigue): Viele Betroffene klagen über eine starke Erschöpfung, die ihren Alltag beeinträchtigt. Fatigue ist nicht mit einer normalen Müdigkeit zu vergleichen, da diese nicht durch Schlaf behoben werden kann. Schlafstörungen, Reizbarkeit, ein erhöhtes Ruhebedürfnis und Konzentrationsschwierigkeiten sind die Folgen. Endometriose-Patientinnen sind circa fünfmal häufiger von Fatigue betroffen als gesunde Frauen.
- Magen-Darm-Probleme: Blähungen, Durchfall oder Verstopfung treten häufig auf und können mit dem Reizdarmsyndrom verwechselt werden.
- Begleiterscheinungen der Endometriose wie Rücken- und Gliederschmerzen und Depressionen wirken sich negativ auf das alltägliche Leben aus.
Mögliche Ursachen der Endometriose
Risikofaktoren für die Entstehung einer Endometriose sind u. a. früher Beginn der Menstruation, kürzere Menstruationszyklen mit einer Dauer von unter 27 Tagen, starke Blutungen und Schmerzen während der Menstruation und bereits an Endometriose erkrankte Familienangehörige. Auch Umwelteinflüsse spielen eine Rolle. So wurden Umweltschadstoffe wie Blei, Quecksilber, Kadmium und Kupfer in Endometriosegewebe gefunden. Es ist auch denkbar, dass ein Lebensstil mit viel Stress, der den Hormonhaushalt stört, Endometriose begünstigen kann. Eine genaue Ursache konnte bisher aber noch nicht identifiziert werden.
Unspezifische Symptome erschweren und verzögern die Diagnose
Da die Bauchbeschwerden oft unspezifisch sind und für Regelschmerzen gehalten werden, werden die Symptome, auch aufgrund der fehlenden Bekanntheit der Erkrankung, in vielen Fällen nicht mit Endometriose in Verbindung gebracht. Das hat zur Folge, dass zwischen erstmalig auftretenden Symptomen und der Diagnose einer Endometriose durchschnittlich sechs bis acht Jahre vergehen.
Diagnostik
Besteht der Verdacht auf Endometriose werden gynäkologische Untersuchungen durchgeführt und der Bauchraum nach möglichen Knoten, Verwachsungen, Verhärtungen oder Schmerzpunkten abgetastet. Durch eine Ultraschalluntersuchung kann der Verdacht auf Endometriose erhärtet werden; besonders größere Endometriosezysten („Schokoladenzysten“) können im Ultraschall sichtbar sein. Mit einer Magnetresonanztomographie (MRT) ist eine genauere Darstellung der Organe möglich, die helfen kann, größere Endometrioseherde zu erkennen.
Die Bauchspiegelung (Laparoskopie), die in Vollnarkose mit einen kleinen Schnitt unter dem Bauchnabel durchgeführt wird, gilt in der Diagnostik der Endometriose als „Goldstandard“. Mit einer Kamera können die Endometrioseherde direkt sichtbar gemacht werden. Eine Bestätigung des Ultraschallbefundes und somit eine exakte Diagnosestellung ist nur mit einer Laparoskopie gegeben.
Welche Auswirkungen hat Endometriose auf das Leben der Betroffenen?
Neben sozialen und beruflichen Aktivitäten werden durch Endometriose auch physiologische Vorgänge im Köper beeinflusst und geraten durcheinander. Auch der normale Ablauf des Monatszyklus wird behindert.
- Das Hauptsymptom der Endometriose sind chronische Schmerzen. Chronische Schmerzen gelten mittlerweile als eine eigenständige Krankheit. Durch diese Schmerzen werden alle Lebensbereiche negativ beeinflusst.
- Schmerzhafte Krämpfe während der Menstruation werden von vielen Frauen als normaler Aspekt des Menstruationszyklus angesehen. Mit ein bis zwei Krankheitstagen pro Monat stellt dies die häufigste Ursache für die Abwesenheit während Arbeits- oder Schulzeiten bei Frauen im reproduktiven Alter dar.
- Die psychische Belastung ist nicht zu unterschätzen, da der Krankheit oft mit Unverständnis begegnet wird und eine lange Leidensgeschichte mit sich bringt. Aufgrund der Schmerzen entwickelt sich nicht selten eine Depression.
- Besonders die Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit und ungewollte Kinderlosigkeit können für Frauen mit Kinderwunsch eine enorme emotionale Herausforderung sein.
Vielzahl verschiedener Therapiemöglichkeiten
Die Behandlung der Endometriose richtet sich nach den Beschwerden, dem Alter der Patientin und dem Kinderwunsch. Es gibt verschiedene Therapieansätze, wobei eine auf die Patientin individuell zugeschnittene Therapie wichtig ist.
Operative Behandlung
Endometrioseherde können operativ entfernt werden. Hier gibt es mehrere Verfahren, wie z. B. das Erhitzen und Denaturieren von Endometriosegewebe mit Hochfrequenzstrom oder das Verdampfen mit dem CO2-Laser. In schweren Fällen oder wenn andere Therapien nicht helfen und kein Kinderwunsch (mehr) besteht, kann eine Entfernung der Gebärmutter (Hysterektomie) eine Option sein.
Medikamentöse Behandlung
- Schmerzmittel: Entzündungshemmende Schmerzmittel können die Symptome lindern. Menstruationsbeschwerden und Unterleibskrämpfe werden entsprechend mit schmerzlindernden und krampflösenden Medikamenten wie Paracetamol, Naproxen oder Ibuprofen behandelt.
- Hormonelle Therapie (Gestagenhormontherapie, Danazol, GnRH-Agonisten): Durch die Gabe von Hormonen (z. B. orale Kontrazeptiva ) kann das Wachstum der Endometrioseherde verlangsamt oder gestoppt werden.
Alternative und unterstützende Maßnahmen
Physiotherapie und Beckenbodenübungen können helfen, Muskelverspannungen und Schmerzen zu reduzieren. Eine gesunde Ernährung mit viel Gemüse, Omega-3-Fettsäuren und wenig Zucker sollte grundsätzlich Bestandteil einer guten Begleittherapie sein und kann ebenfalls dazu beitragen, die Beschwerden lindern. So hat sich gezeigt, dass sich der Verzicht auf Milchprodukte und zuckerhaltige Nahrung positiv auswirkt. Auch tierisches Fett, Transfettsäuren, alkoholische Getränke, histaminhaltige Lebensmittel und Fertigprodukte sollten möglichst vermieden werden.
Alternative Methoden wie Akupunktur und naturheilkundliche Verfahren können positive Effekte zeigen, da sie den Organismus bei seiner Eigenregulation unterstützen und die Selbstheilungskräfte ankurbeln können. Eine Kombination aus schulmedizinischen und naturheilkundlichen Therapiekonzepten wird daher inzwischen von etlichen Therapeuten empfohlen.
Psychologische Unterstützung
Da Endometriose eine große Belastung sein kann, können eine begleitende Therapie oder Selbsthilfegruppen hilfreich sein, da es wichtig ist, sich mit anderen auszutauschen, sich über die Krankheit zu informieren und sich nicht entmutigen zu lassen.
Fazit
Endometriose ist eine häufige, aber oft übersehene und unterschätzte Erkrankung, die das Leben vieler Frauen massiv beeinträchtigen kann. Eine frühzeitige Diagnose und eine individuell angepasste Behandlung sind entscheidend, um Schmerzen zu lindern und mögliche Folgen zu minimieren. Betroffene sollten diese Beschwerden ernst nehmen und medizinische Hilfe holen. Mit der richtigen Behandlung können viele Betroffene ihre Symptome lindern und ein Leben weitestgehend ohne Beeinträchtigungen führen.
Eva Ruhland
Medizinjournalistin