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Misteltherapie

Die Rolle des Wirtsbaums

Mistelprodukte gehören zu den am häufigsten angewandten Arzneimitteln der komplementär-medizinischen Tumortherapie. Da die Mistel als Halbschmarotzer auf verschiedenen Wirtsbäumen gedeiht, wird der Art des Wirtsbaums ein Einfluss auf die pharmakologischen Inhaltsstoffe zugeschrieben.

Die Mistel wurde als Mittel in der Krebstherapie vor etwa hundert Jahren von Rudolf Steiner und Ita Wegmann eingeführt. Lange galt sie als Außenseitertherapie in der Onkologie. Von Patienten geschätzt, hat sie sich vor allem in Deutschland in den vergangenen 25 Jahren zunehmend etabliert. Die Misteltherapie findet zumeist Anwendung als ergänzende Maßnahme zur Tumor-Chirurgie, Chemotherapie und Strahlentherapie, da ihr abwehrstärkende und die Lebensqualität verbessernde Effekte zugeschrieben werden. Unter den über 1000 bekannten Inhaltsstoffen der Mistel gilt vor allem ein zuckerhaltiger Eiweißstoff, das Mistel-Lektin, als therapeutisch besonders wirksam.

Therapiekonzept bestimmt Wirtsbaumwahl

In der anthroposophischen Medizin wird die Weißbeerige Mistel (Viscum album) verschiedener Wirtsbäume verwendet. Da die Mistel als Halbschmarotzer keine eigenen Wurzeln bildet, muss sie ihre Nährstoffe über einen so genannten „Senker“ aus dem Wirtsbaum beziehen. Aufgrund dessen hat die Art des Wirtsbaumes einen Einfluss auf die Zusammensetzung der mistelspezifischen Inhaltsstoffe. Diese Unterschiede in der Komposition schlagen sich auch im Anwendungsspektrum nieder. Die Auswahl des Wirtsbaumes durch den Arzt hängt wesentlich vom Therapiekonzept und vor allem auch vom individuellen Krankheitsbild ab.

Misteln an Tannenzweigen

Misteln im Apfelbaum

Misteln an einer Kiefer

Gerade zu Beginn einer Misteltherapie kommt es vor allem darauf an, eine möglichst gute Wirkung bei einer gleichzeitig hohen Verträglichkeit zu erzielen. Aufgrund seiner guten Verträglichkeit eignet sich das Produkt der Tannenmistel besonders für die Initialtherapie, ganz unabhängig von der Art des Tumors. Außerdem wird dieses Produkt besonders bei Patienten mit geschwächtem Allgemeinzustand oder immunologischen Erkrankungen (z. B. Allergie, Unverträglichkeit) eingesetzt.

Kommt es während der Therapie auf eine stärkere Stimulation des Immunsystems an und damit auf die Fähigkeit, spezifische Tumorzellen gezielt zu bekämpfen, so ist das Produkt der Apfelbaummistel aufgrund seiner Zusammensetzung und seines Wirkprofils erste Wahl. Für die Apfelbaummistel liegen überdies gut belegte Erfahrungen bei der Behandlung von Brustkrebs vor.

Bei der Misteltherapie handelt es sich meist um eine Langzeitanwendung. Sollte die Wirkung bislang eingesetzter Produkte mit der Zeit etwas nachlassen, empfiehlt sich in diesem Fall ein Wirtsbaumwechsel auf das lektinreichste Produkt der Kiefer-Mistel. Aufgrund seiner Wirkstärke muss man nach dem Verabreichen der Spritze allerdings mit stärkeren Lokalreaktionen wie z. B. Rötung und Schwellung rechnen. Dies ist aber therapeutisch erwünscht und zeigt an, dass der Organismus auf das Mistelprodukt reagiert.