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Kinesio-Taping

Beim Kinesio-Taping werden hautfreundliche, elastische Bänder auf die Haut geklebt. Die Tapes sollen Muskeln unterstützen und stabilisieren, Durchblutung und Lymphfluss fördern, Schmerzen lindern und Heilungsprozesse beschleunigen. Wir klären auf.

Ursprünge

Der japanische Chiropraktiker und Akupunkteur Dr. Kenzo Kase († 2023) ist der Begründer des therapeutischen Kinesiologie-Tapings. Aus eigenem Bedarf hat er in den 1970er-Jahren an der Entwicklung eines speziellen, elastischen Klebebandes gearbeitet, das den Eigenschaften menschlicher Haut nachempfunden ist (Dehnung 30-40 %), und Verzerrungen am Gelenk lösen sollte. Heute kennt man seine Kinesio-Tapes weltweit. Nach zwei Jahren Forschung, in die seine Erfahrungen mit der Kryotherapie bei Arthritis einflossen, hatte er das Material gefunden: selbstklebend, dehnbar, atmungsaktiv, langanhaltend. Tapen ist mittlerweile eine medizinische Methode zur Unterstützung der Rehabilitation und Schmerzlinderung, die in Sportmedizin, Physiotherapie und orthopädischer Rehabilitation Anwendung findet.

Wie funktioniert Tapen?

Kinesio-Tape steht für Kinesiologisches Tape. Andere Bezeichnungen sind Physio-Tape, Sport-Tape, Muskel-Tape oder medizinisches Tape. Weil das Tape an der Haut fixiert ist, wird bei sämtlichen Bewegungen die Haut gegen das darunterliegende Gewebe verschoben. Dieser durchgehende Reiz soll durch die Aktivierung sämtlicher Rezeptoren (u.a. Berührungs-, Schmerz-, Temperatur- und Propriorezeptoren) die Muskelspannung regulieren und eine Signalübertragung ans Zentralnervensystem auslösen. Schmerzen können so reduziert und der Blutfluss verbessert werden. Das Tape entlastet den in Mitleidenschaft gezogenen Muskel, betroffene Bänder und Gelenke. Dr. Kase fand heraus, dass seine Kinesio-Tapes auch die Akupunkturpunkte aktivieren, womit laut TCM Störungen der Energieleitbahnen aufgehoben werden können. Ziel jeder Behandlung mit Kinesio-Tapes ist die Aktivierung und Unterstützung der Selbstheilungskräfte.

Indikationen für Kinesio-Taping

Kinesio-Tapes werden (oft begleitend zu einer anderen Therapie) bei vielen verschiedenen Verletzungen eingesetzt, um Schmerzen zu lindern und die Genesungszeit zu verkürzen. Zu ihren Hauptanwendungsgebieten zählen Muskelverletzungen (Überlastung, Entzündungen, Schmerzen, Zerrungen, Faserrisse), Gelenkverletzungen (Schwellung, Instabilität, Schmerzen, Überlastung, Entzündungen), Bandverletzungen (Entzündungen, Bänderriss, Schmerzen, Überlastung), Migräne und Wassereinlagerungen (Ödeme).

Nach Verletzungen oder bei Arthrose werden mittelgroße Gelenke (Sprung-, Knie-, Ellenbogengelenk) getaped. Ein weiterer Schwerpunkt neben dem Leistungssport ist der Bereich Rückenschmerzen. Kinesio-Tapes sollen Verspannungen oder Instabilität des Rückens bessern.

Wie werden Kinesio-Tapes angelegt?

Die professionellste Handhabung findet über das Anbringen durch geschulte Ärzte, Heilpraktiker, Osteopathen und Physiotherapeuten statt, aber nach Einweisung und Übung kann man sich auch selbst tapen. Nachdem der Therapeut seine Anamnese erhebt und mit verschiedenen Tests die Verletzung diagnostiziert hat, wählt er die passende Taping-Technik aus. Je nach Indikation muss der angeschlagene Muskel, das Band oder Gelenk in eine bestimmte Stellung gebracht werden. Die Haut sollte infektions- und wundfrei, sauber und trocken sein. Das Kinesio-Tape wird in die richtige Länge geschnitten und die Ecken werden abgerundet, dadurch haftet es besser an der Haut. Der Klebstoff wird aktiviert, indem das Tape kurz warm gerieben wird. Nach Abzug der Folie wird das Tape angelegt, wobei es keine Falten werfen und weder zu stark noch zu schwach gedehnt werden darf. Es muss gut stützen und darf bei Bewegungen nicht behindern. Wenn die Stabilität erhöht werden soll, kann die Muskulatur längs und quer gestützt werden, wobei mehrere Streifen im rechten Winkel zueinander angebracht werden. Dunkle Tapes erhöhen die Temperatur unter dem Kinesio-Tape, helle Farben kühlen. Blaue Tapes wirken schmerzlindernd, rote regen den Stoffwechsel an.

Kinesio-Tapes im Leistungssport

Immer wieder entdecken wir die bunten Klebebänder am Körper von Leistungssportlern. Bei Fußball ern stabilisieren sie die Gelenke, unterstützen die Muskeln und sollen Verletzungen verhindern. Bei Leichtathleten lockern sie Muskelverspannungen, wirken Achillessehnenbeschwerden entgegen und entlasten die Gelenke. Bei Basketballern sorgen sie für eine Gelenkstabilisierung und kurbeln die Regeneration bei Überlastungen an. Bei Tennisspielern stabilisieren sie Ellenbogen- und Schultermuskulatur und beugen Sehnenentzündungen vor. Handballer schützen sie vor Gelenkverletzungen und helfen bei Muskelzerrungen. Bei Radprofis fördern sie die Durchblutung, entlasten Rückenmuskulatur und Knie. Turner profitieren durch Stabilisierung, Muskel- und Gelenkentlastung. Bei Kampfsportlern schützen und stabilisieren Kinesio-Tapes die Gelenke, bieten Unterstützung bei Zerrungen und Prellungen.

Kinesio-Taping im Alltag

Auch im alltäglichen Leben können Kinesio-Tapes dem Körper Gutes tun. Bei Rückenschmerzen entlasten sie die Wirbelsäule und stabilisieren den Rücken, bei Nacken- und Schulterverspannungen wird die Muskulatur gelockert und Schmerzen werden gelindert, bei Arthrose entlasten sie die Gelenke, beim Karpaltunnelsyndrom wird das Handgelenk geschont, Schmerzen und Taubheitsgefühle können reduziert werden. Wer an Verspannungen durch Büroarbeit leidet, kann die Tapes für eine Verbesserung der Haltung und zur Unterstützung der Muskulatur nutzen, bei Schwellungen und Ödemen fördern sie den Lymphabfluss. Taping im Alltag hat viele Vorteile: Schmerzen können ohne Medikamente reduziert werden und die natürlichen Bewegungen werden gefördert. Sie können mehrere Tage auf der Haut bleiben, sind diskret und komfortabel tragbar.

Kinesio-Taping in der Schwangerschaft?

Kinesio-Tapes können bei Schwangeren eingesetzt werden, um Schwellungen, Rücken- oder Beckenschmerzen zu lindern und die Muskulatur zu entlasten. An Beinen und Füßen können sie Wassereinlagerungen reduzieren, indem sie den Lymphabfluss fördern. Die Tapes unterstützen die Haltung der werdenden Mutter und stabilisieren den wachsenden Bauch. Hinweis: Nur mit Schwangerschaftsbeschwerden vertraute und erfahrene Ärzte oder Heilpraktiker sollten die Tapes anlegen, und vor der Anwendung sollte immer Rücksprache mit dem behandelnden Frauenarzt gehalten werden. Bei allergischen Reaktionen oder Hautproblemen sofort entfernen.

Gibt es Risiken beim Kinesio-Taping?

Eine unsachgemäße Fixierung des Tapes kann zu Bewegungseinschränkungen oder Schwellungen führen. Wird es zu fest und straff angebracht, kann sich der Blutfluss verlangsamen und Durchblutungsstörungen mit Kribbeln, Schmerzen, Weiß- oder Blaufärbung der Haut stellen sich ein. Solche Nebenwirkungen sind extrem selten – Kinesio-Taping gilt als eine sehr sichere und risikoarme Behandlungsmethode. Vorsicht: Auf offene Wunden oder Infektionen der Haut darf kein Tape aufgeklebt werden!

Werden die Kosten von Krankenkassen übernommen?

In Deutschland werden die Kosten für Kinesio-Taping in der Regel nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, da Kinesio-Taping als ergänzende oder alternative Behandlung gilt, nicht als standardmäßige ärztliche Leistung. Viele Patienten zahlen die Kosten für das Taping und Anlegen selbst, privat oder bei Physiotherapeuten. Manche privaten Krankenversicherungen oder Zusatzversicherungen übernehmen die Kosten ganz oder teilweise, je nach Vertrag. Wenn ein Arzt Kinesio-Taping als Teil einer physiotherapeutischen Behandlung verordnet, wird die Therapie, nicht das Tape, von der Krankenkasse bezahlt. In Ausnahmefällen ist eine Kostenübernahme möglich, wenn die Behandlung medizinisch notwendig und gut begründet ist. Tape-Material und Anlegen kosten 10-30 Euro je Behandlung.

Die Haupteffekte von Kinesio-Taping

Kinesio-Tapes sind in verschiedenen Stärken und individuell einsetzbar. Sie sind unterschiedlich dehnbar und haften mehrere Tage auf der Haut. Je nach Beschwerden werden sie unter Spannung auf den zusammengezogenen oder gedehnten Muskelbereich aufgeklebt. So entlasten oder unterstützen sie die Strukturen. Dies hat drei wichtige Effekte zur Folge: Die Haut und die unter der Faszie liegenden Nervenenden und Rezeptoren werden stimuliert und schicken motivierende Signale ans Gehirn, wodurch Selbstheilungsprozesse ausgelöst werden. Die Tapes verbessern die Durchblutung an der betroffenen Stelle, die so schneller regeneriert. Weil die Haut angehoben wird, optimiert das den Lymphfluss, der dafür sorgt, dass der Körper Abfallstoffe loswird. Bei Schwellungen ist der Lymphfluss oft blockiert und kann durch Tapes geöffnet werden.

Schmerzstern

Der Schmerzstern ist ein bei Schmerzen im unteren Rücken häufig eingesetztes Muster im Kinesio-Taping. Hierfür werden vier gleichgroße Streifen Tape mit abgerundeten Ecken zurechtgeschnitten und unter voller Spannung des Rückens (Vorbeugen) aufgeklebt. Das erste Tape kommt von oben nach unten auf den Rücken. Der Schmerzpunkt liegt in der Mitte des Tapes. Als nächstes folgt ein Streifen, der von links nach rechts über die schmerzende Stelle zieht. Anschließend werden zwei diagonale Tapes aufgeklebt, sodass ein Stern entsteht.

Abbas Schirmohammadi
Heilpraktiker für Psychotherapie

Kian Schirmohammadi
Heilpraktiker