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Altersuhr Hormone

Mit den Botenstoffen länger jung bleiben

Hormone lassen den Menschen leben, lieben und denken. Ohne sie würde im Körper fast nichts funktionieren. Lange Zeit glaubte man, ein Nachlassen der Hormonproduktion sei eine Folgeerscheinung des Alters. Heute kommt man zu der Überzeugung, dass ein sinkender Hormonspiegel aktiv am Alterungsprozess beteiligt ist.

Hormone haben die Fähigkeit, über Gesundheit und Krankheit zu entscheiden. Sie sind für ein riesiges Aufgabengebiet im Körper zuständig. In viele lebenswichtige Vorgänge greifen sie regulierend ein. Sekunden bis Bruchteile von Minuten können vergehen, bis ein Hormon über die Blutbahn seinen Bestimmungsort erreicht. Rezeptoren an den Organen kontrollieren die Aufnahme nach einem Schlüssellochverfahren und sorgen so dafür, dass nur die passenden Hormone ihre Wirkung entfalten können. Eine Ausnahme bilden die Stresshormone, sie können bei Bedarf auch über schnellere Übertragungswege bereitgestellt werden.

Was sind Hormone?
Hormone sind chemische Botenstoffe, die vom Körper selbst hergestellt werden.

Die Macht der Hormone

Etwa 50 Hormone werden zur Steuerung der Körpervorgänge von Drüsen abgegeben. Aus ihnen entstehen dann noch einmal etwa sechs weitere Varianten. Nur winzige Mengen eines Hormons reichen, um eine Wirkung zu erzielen. Schon ein Millionstel bis Billionstel Gramm Hormon pro einem Liter Blut kann auf den Körper Einfluss nehmen. Produziert werden diese wichtigen Botenstoffe des Körpers von Drüsen und spezialisierten Zellen. Die meisten von ihnen sind gleich für mehrere Abläufe im Körper verantwortlich.

Die zentrale Steuereinheit des Hormonsystems ist der Hypothalamus im Zwischenhirn. Durch die enge Verbindung zum zentralen Nervensystem verarbeitet der Hypothalamus auch die von dort kommenden Reize, wie zum Beispiel die Wahrnehmungen über die Sinnesorgane. Als übergeordnetes Koordinationszentrum beeinflusst der Hypothalamus ebenfalls alle vegetativen Funktionen wie Körpertemperatur, Kreislauf, Wasserhaushalt, Nahrungsaufnahme und Stoffwechsel. Aber auch Gefühle und Gedanken haben einen direkten Einfluss auf das Hormonsystem. Auf Veränderungen im Körper reagiert der Hypothalamus mit der Bildung von Hirnbotenstoffen und Hormonen, die die Hypophyse aktivieren.

Über einen Stiel und ein verästeltes Gefäßsystem ist die kirschkerngroße Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) mit dem Hypothalamus verbunden. Mit ihm arbeitet die zweigeteilte Drüse eng zusammen. Sie leitet seine Befehle an alle Hormon-Drüsen im Körper weiter. Über ihre Vorder- und Hinterlappen schüttet die Hypophyse Wachstumshormone und Hormone, die die Keimdrüsen (Eierstöcke und Hoden), Nebennieren und Schilddrüse beeinflussen, aus.

Wenn von Hormonen die Rede ist, denken die meisten Menschen an die Geschlechtshormone. Testosteron und Östrogen sind wohl die bekanntesten Vertreter. Die Annahme, dass Testosteron ein typisch männliches Hormon und Östrogen eher den Frauen vorbehalten ist, ist nicht ganz korrekt. Beide Geschlechter haben identische Hormone, sie unterscheiden sich teilweise nur in der Menge etwas. Die größten Unterschiede in der Verteilung zeigen sich natürlich während der Schwangerschaft, der Entwicklung im Mutterleib und während der Pubertät.

Das gute-Laune-Hormon
Am Serotonin lässt sich noch einmal mehr zeigen, wie sehr das seelische Wohl durch Hormone beeinflusst wird. Neben seinen vielen Funktionen als Botenstoff und Gewebehormon hat es auch den Ruf eines Wohlfühlhormons. Wird es ausreichend ausgeschüttet, bessert sich die Laune und die Stimmung steigt.

Die Hormone für die Schönheit

Östrogen ist das Hormon, das aus Mädchen Frauen macht. Hinter dem Namen stecken genau genommen über 30 verschiedene Einzelhormone. Gemeinsam sind sie für die Entwicklung des weiblichen Körpers verantwortlich. Sie steuern Fortpflanzung und Schwangerschaft. Als wahre Schönheitshormone zeichnen sie sich aus, weil sie die weiblichen Schönheitsmerkmale unterstützen. Durch sie wird die Haut weicher, elastischer und straffer. Sie fördern das Wachstum von Haaren und Nägeln, machen sie glänzend und fest. Solange die Gruppe der Östrogene wirksam ist, haben sie auch schützende Eigenschaften. Der Knochenabbau wird durch sie gehemmt, sie bewahren die Harnwege vor Infektionen und halten die Schleimhäute feucht, unterstützen die Wärme- und Kreislaufregulation. Gedächtnisleistung und Sprachvermögen stehen ebenfalls unter ihrem wohltuenden Einfluss.

Auch bei Männern hat die Östrogen-Gruppe einen entscheidenden Einfluss auf die Zeugungsfähigkeit und Potenz. In Ermangelung weiblicher Eierstöcke werden sie in den Nebennieren, Hoden und im Fettgewebe gebildet. Deutlich sichtbar wird der Einfluss bei Übergewicht, denn je mehr Fettgewebe vorhanden ist, umso mehr Östrogene bildet der Körper. Das hat zur Folge, dass es zu einer Verweiblichung der männlichen Figur kommen kann.

Der Mangel von Östrogenen macht sich bei beiden Geschlechtern mit Depressionen, Schlafstörungen und Hitzewallungen bemerkbar. Dünne, faltige Haut, stumpfes, brüchiges Haar und hängende Brüste bei Frauen zeigen auch äußerlich den Rückgang der einstigen Schönheitshormone. Die Angst, durch Hormongaben das Krebsrisiko zu erhöhen, ist nicht unbegründet. Denn meist ist es nicht der alleinige Mangel, sondern eine ungleiche Hormonbilanz, die zu gesundheitlichen Problemen führt. Von Bedeutung ist auch der Gegenspieler des Östrogens, das Progesteron.

Hormonelle Schönmacher
Östrogen und Progesteron wirken wie eine Schönheitsfarm auf die Haut. Durch ihren Einfluss bleibt das Bindegewebe straff und die Haut elastisch.

Lange Zeit wurde das Gelbkörperhormon Progesteron von der Wissenschaft vernachlässigt. Man war der Meinung, dass es nur während der Schwangerschaft von Interesse sei. Mittlerweile ist bekannt, dass es weit über Eierstöcke und Hoden hinaus seine Wirkung im Körper entfaltet. Bei den Geschlechtshormonen Östrogen und Testosteron übernimmt das Progesteron die Rolle des Mit- und Gegenspielers. Es unterstützt ihre Wirkung und schränkt sie gleichzeitig bei einer überschießenden Reaktion ein. Konkret bedeutet das: Progesteron bremst das durch die Östrogene und Testosteron angeregte Zellwachstum, z.B. an der Gebärmutterschleimhaut, Prostata und der Drüsenzellen der Brust, aus. Es hilft also, diesen Krebsarten vorzubeugen.

Mittlerweile sind sich die Experten einig, dass Östrogene nie ohne ihren Gegenspieler, das Progesteron, eingenommen werden sollten. Bei der Wahl ist natürliches dem künstlichen Progesteron vorzuziehen. Verglichen mit seinen synthetischen und strukturell veränderten Verwandten, den Gestagenen, wirkt natürliches Progesteron stoffwechselneutral. In einer großen Untersuchung des französischen Nationalen Gesundheitsinstituts wurden 70.000 Frauen über einen Zeitraum von sieben Jahren beobachtet. Am Ende zeigte sich, dass vor allem über die Haut verabreichte Östrogene (transdermal) zusammen mit natürlichem Progesteron kein größeres Brustkrebsrisiko verursachten als gar keine Hormongabe.

Die Wirkung des Progesterons ist aber noch viel weitreichender als ursprünglich gedacht. Während der Schwangerschaft sichert das Progesteron das Leben des ungeborenen Kindes. Das gute Gefühl, das Mutter und Kind inklusive erhalten, beschreibt seine weitere Wirkung. Für das innere Gleichgewicht und die Ausgeglichenheit scheint das Gelbkörperhormon nicht nur für werdende Mamis unverzichtbar zu sein. Progesteron ist wohl eines der natürlichsten Beruhigungsmittel im menschlichen Körper. Es schützt die Nervenstränge, stärkt das Gedächtnis und die Konzentrationsfähigkeit. Neben seinem Einfluss auf das Gehirn ist auch seine günstige Wirkung auf Haut und Knochen von Bedeutung. Progesteron stimuliert die Knochenmassen und unterstützt die Regeneration. Der Abbau der hautstraffenden Substanzen verzögert sich ebenfalls durch das Hormon.

„Liebe ist nichts anderes als ein Boogie-Woogie der Hormone“
Henry Miller (1891 – 1980), US-amerika­nischer Schriftsteller und Maler

Das Jungbrunnen-Hormon

Quasi die Mutter aller Hormone ist das von den Nebennieren produzierte DHEA (Dehydroepiandrosteron). Es ist ein wichtiges Vorläuferhormon der männlichen und weiblichen Geschlechtshormone, aber auch für das Kortisol. Für das Stresshormon ist es nicht nur die Ausgangssubstanz, sondern auch der Gegenspieler. Das Anti-Stresshormon DHEA schützt und bewahrt den Körper davor, Energie zu verschleudern. Bis in die kleinsten Kraftwerke reicht sein Einfluss. Als eine Art Energiebremse wirkt es auf die Zellen ein und sorgt für ihre Erhaltung. Diese „Lebensverlängerung“ hat dem Hormon auch den Ruf eines Jungbrunnen-Hormons eingebracht. Für die körpereigene Energie ist DHEA unverzichtbar. Mit seiner Wirkung auf viele Stoffwechselvorgänge sorgt es im Körper mit der Rückgewinnung der Kräfte für Wohlbefinden. Stimmung und Motivation werden gesteigert. Aber auch Energie und Leistungskraft erfahren durch das Hormon einen positiven Schub. Einziger Wermutstropfen: Mit dem Alter lässt, im Gegensatz zum Kortisol, die Produktion nach.

Dauerstress sorgt für ein Absinken der DHEA-Werte. Wird über längeren Zeitraum zu viel verbraucht, erschöpft sich die Aktivität der Nebennieren bis hin zum völligen Ausfall. Der Zusammenhang zwischen massivem Abfall der Werte und der einer schnelleren Alterung liegt nahe. Bekannt ist, dass Menschen mit hohen DHEA-Werten länger leben.

Da das „Jungenbrunnenhormon“ durchaus auch eine negative Wirkung haben kann, ist DHEA in Deutschland verschreibungspflichtig. Mit regelmäßigem Ausdauertraining, ausreichend Schlaf und Entspannungsübungen lässt sich der DHEA-Spiegel auf natürliche Weise erhöhen. Der bewusste Umgang mit den eigenen Kraftquellen trägt ebenfalls dazu bei, von dem Hormon möglichst lange zu profitieren.

Nachtarbeiter
Das Hormon Melatonin wird in der Zirbeldrüse im Gehirn gebildet. Während DHEA das Kortisol in Schach hält, setzt sich Melatonin vor allem gegen das Stresshormon Adrenalin zur Wehr. Mit dem Einsetzen der Dämmerung beginnt es den Körper auf die nächtliche Ruhepause vorzubereiten. Es bremst alle Leistungssysteme aus und sorgt während des Schlafs für Ruhe und Erholung.

Hormonell im Gleichgewicht bleiben

Etwa im Alter ab Mitte 30 verändert sich die Hormonproduktion bei beiden Geschlechtern. Das Absinken der Hormone ist ein schleichender Prozess, der erst einmal keine akuten Auswirkungen mit sich bringt. Den Hormonspiegel bereits zu diesem Zeitpunkt zu prüfen, ist eine gute Investition für die Zukunft. Ein einfacher Speicheltest reicht für eine Analyse in einem spezialisierten Labor. Bereits in dieser Phase lässt sich mit natürlichen Maßnahmen gegensteuern und die Produktion wieder ankurbeln. Später können die Ergebnisse auch als Basis für den Rückgang dienen.

Die ersten Störungen zeigen sich meist um das 50. Lebensjahr herum. Erst werden sie noch verharmlost und als Zipperlein abgetan. Müdigkeit, Lustlosigkeit, Stimmungsschwankungen, Gelenkbeschwerden, Veränderungen der Haut, Konzentrationsschwierigkeiten, schleichende Gewichtszunahme trotz Sport, Unverträglichkeiten und Hitzewallungen sind typische Beschwerden, die zunehmend als Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens empfunden werden. Mit Hilfe eines Hormonstatus lässt sich feststellen, ob natürliche Maßnahmen noch ausreichen oder ob die Gabe von kleineren Mengen natürlicher Hormone nötig ist, um die Beschwerden wieder in den Griff zu bekommen.

Solange noch keine ersthaften Krankheitssymptome durch den hormonellen Rückgang vorliegen, sollte versucht werden, die Kräfte der Hormone solange wie möglich zu nutzen, um den Alterungsprozess zu verlangsamen.